„Ansammlung von ungewöhnlichen Umständen“: Vermisstenfall Rebecca Reusch – Profiler zeigt vier Details auf

Rebecca Reusch ist seit sechs Jahren verschwunden. Ein Rückblick auf den Vermisstenfall, der bis heute als ungelöst gilt.

Frankfurt – Am 18. Februar 2019 ist Rebecca Reusch spurlos verschwunden. Bis heute ist der Vermisstenfall ungeklärt. Auch sechs Jahre später gibt es „ein laufendes Ermittlungsverfahren, das wegen des Verdachts eines Tötungsdelikts geführt wird”, wie die Staatsanwaltschaft Berlin IPPEN.MEDIA mitteilt. Im Fokus der Ermittlungen: Florian R., der Schwager der damals 15-Jährigen.

Viele Theorien, doch keine konkrete Spur: Rebecca Reusch bleibt vermisst.

„Der Fall hat, was den Bekanntheitsgrad betrifft, viele, viele andere überstrahlt“, sagt Ex-Profiler Axel Petermann im Gespräch mit unserer Redaktion. „Es ist eine ganze Ansammlung von ungewöhnlichen Umständen, die zusammenkommen. Und dann das junge Alter des Mädchens: Das ist etwas, das den Menschen sehr nahe geht.“ Sechs Jahre später: ein Blick auf vier Details eines weiter ungelösten Vermisstenfalls.

Axel Petermann war Mordermittler, ehe er zur Jahrtausendwende zum Profiler wurde.

Detail Nummer eins: Die Familie der vermissten Rebecca Reusch
„Sehr intensiv, sehr offensiv vorgegangen“, sei die Familie, erklärt Petermann im Gespräch. Ein Punkt, den auch schon Kriminalwissenschaftler Christian Matzdorf 2024 ansprach. Er kritisierte die „offensive Selbstvermarktung“ der Familie. Vater, Mutter und die Schwestern der Vermissten gingen aktiv an die Öffentlichkeit. Es gebe TV-Szenen, so Matzdorf damals, „da konnte ein unvoreingenommener Beobachter Momente feststellen, in denen Mimik und Gestik mit den inhaltlichen Aussagen nicht kongruent erschienen“.

Detail Nummer zwei: Das Vermissten-Bild von Rebecca Reusch
Für viel Gesprächsstoff sorgte zudem das Bild, mit dem nach der damals 15-Jährigen gesucht wurde. Beobachter des Falls kritisieren die Polizei dafür scharf. „Wie will man eine Vermisste suchen, wenn man das falsche Foto hat? Ich halte das für einen eklatanten Fehler der Polizei“, so äußerte sich beispielsweise Vermissten-Experte Peter Jamin 2023 bei IPPEN.MEDIA. Das sah Petermann 2024 anders, da er damals, wie er sagt, irrtümlich davon ausgegangen war, das Foto sei von der Familie für die Öffentlichkeitsfahndung zur Verfügung gestellt worden.

15-jährige Rebecca Reusch

„Ich glaube, Rebeccas Aussehen ist immer mit diesem Foto verbunden. Das hat sich eingeprägt“, sagt der Ex-Profiler heute im Allgemeinen zu dem Bild. „Sollte man jetzt ein Bild von Rebecca vor sechs Jahren mit ihrem tatsächlichen Aussehen nehmen, erkennt sie vermutlich niemand. Die Menschen würden sich fragen: Huch, das soll Rebecca sein? Die sieht doch ganz anders aus“, führt er aus.

Der Versuch, ein mit Künstlicher Intelligenz bearbeitetes Foto zu veröffentlichen, das Rebeccas mögliches Aussehen 2025 zeigt, bezeichnet er als „eine Möglichkeit“. Er gibt jedoch zu bedenken: „Wie, wenn sie noch leben sollte, würde sie tatsächlich aussehen? Letztendlich ist es nur der Versuch einer Annäherung, das heutige Aussehen abzubilden – und das muss nun nicht unbedingt auch gelingen.“

 

Detail Nummer drei im Fall um vermisste Rebecca Reusch: Profiler spricht von „Versäumnissen der Polizei“
Aber nicht nur das Foto von Rebecca verursacht gegenüber den Ermittelnden im Lauf der Jahre Kritik. Auch spricht Petermann zum sechsten Jahrestag Versäumnisse der Polizei als Teil der ungewöhnlichen Umstände des Falls an

Im Fall der Vermissten gibt es insgesamt fünf Vorwürfe gegen die Polizei. Darunter beispielsweise die Ergebnisse über die Suchverläufe des Schwagers, die erst vier Jahre nach ihrem Verschwinden kamen – „und das bei solch relevanten Ermittlungen“, wie Petermann 2024 kritisierte. Im selben Jahr deuteten Polizei-Mails, die unserer Redaktion zugespielt wurden, auf grobe Ermittlungsversäumnisse hin.

Detail Nummer vier: Der Schwager als Hauptverdächtiger im Vermisstenfall Rebecca Reusch
Als letztes Detail der ungewöhnlichen Umstände des Falls nennt der Ex-Profiler „das Verhalten des Schwagers, den viele für den Täter halten“. Schnell war Florian R. 2019 in das Visier der Ermittler gerückt. Seither gilt er als Tatverdächtiger. Geändert hat sich daran auch sechs Jahre nach dem Verschwinden des damaligen Teenagers nichts, wie die Staatsanwaltschaft auf Anfrage von IPPEN.MEDIA mitteilte. Für Florian R. gilt die Unschuldsvermutung.

Nach Angaben der Familie und der Polizei verbrachte Rebecca Reusch die Nacht im Haus ihrer Schwester und ihres Schwagers. Der damals 27-Jährige war bei einer Feier und kam erst am frühen Morgen zurück. Rebeccas Schwester ging früh zur Arbeit. Als die Mutter anrief, um Rebecca zum Schulbesuch zu wecken, ging niemand ans Telefon. Die Mutter rief den Schwager an, der Anruf wurde weggedrückt. Kurz darauf rief er zurück und sagte, Rebecca sei bereits weg. In der Schule kam sie nicht an und auch nicht zurück nach Hause.

Zweimal wurde der Schwager festgenommen – und zweimal freigelassen. Schon 2019 hieß es von Michael Hoffmann, Leiter der dritten Mordkommission, in der ZDF-Sendung Aktenzeichen XY: „Wenn wir die allgemeinen Ermittlungen übereinanderlegen, hierbei auch das Telefonverhalten von Rebecca beachten und die Auswertung der Routerdaten aus dem Haus des Schwagers, kommen wir zu dem Schluss, dass Rebecca das Haus nicht verlassen haben dürfte. Wenn wir dies voraussetzen, dann war der Schwager allein zu fraglichen Tatzeit mit ihr im Haus.“

 

In den Fokus rückten auch zwei Fahrten mit einem himbeerroten Renault Twingo. Außer dem Schwager hatte niemand Zugriff darauf, eine nachvollziehbare Erklärung gab er bis heute nicht ab. Doch bis heute scheinen die Ermittler nicht mehr als Indizien gegen Rebeccas Schwager in der Hand zu haben – und die Familie zeigte sich immer geschlossen. Lässt sich ein solcher Fall überhaupt noch aufklären? (mbr)

 

 

Source: https://edition.cnn.com/
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